Asia Paramotoring Tour 2002

Asia Paramotoring Tour 2002 (Von Thomas Keller)
Mit dem Motorschirm auf Entdeckungstour in Malaysia und Süd-Thailand.
Malaysia fasziniert durch die höchsten Gebäude der Welt, seinen quirligen Großstädten und Chinatowns, verführerischen Garküchen, eindrucksvollen Moscheen, den tropischen Regenwäldern und herrlichen Sandstränden. Auch Thailand hat in dieser Hinsicht einiges zu bieten. Die Kombination aus Kunst, Kultur und Landschaft läßt ebenfalls begeistern. Zudem besticht die Bevölkerung durch eine natürliche Liebenswürdigkeit und Toleranz. So oder so ähnlich werden die Länder in diversen Berichten und Reiseführern beschrieben. Ausreichend Gründe für den deutschen Motorschirmpiloten Thomas Keller Malaysia und Thailand zu bereisen und mit dem Motorschirm aus der Luft zu entdecken.
Die Aufregung beginnt bereits bei der Anreise
Aufgeregt sitze ich im Auto. Seit einer Stunde stehe ich im Stau auf der A5 Richtung Frankfurt. Nichts rührt sich. Um 12.00 Uhr startet mein Flieger nach Malaysia. Gegen 10.00 Uhr fahre ich von der Autobahn ab, in der Hoffnung, dass ich über die B 3 besser vorankomme. Aber auch da geht nach kurzer Zeit nichts mehr. Langsam komme ich ins schwitzen. Meine scheinbar letzte Chance. Ich versuche es quer durch die City. Um kurz vor 11.00 Uhr erreiche ich den Airport. Als letzter stehe ich mit meinen 65 kg Zusatzgepäck am Counter von Malaysia Airlines. Doch zunächst wollen die Damen am Schalter meine Motorschirmausrüstung nicht annehmen. Ein kurzer Rückruf im Office ergibt zum Glück grünes Licht. Da hat sich die Anmeldung des Zusatzgepäcks doch ausgezahlt. Die bereits einkalkulierten Kosten für das excess baggage werden zum Glück nicht erhoben. Many thanks Malaysia Airlines!
Tropische Verhältnisse empfangen uns auf Borneo
Nach rund 14 Stunden Flugzeit und einem kurzen Zwischenstopp in Kuala Lumpur setzt der Airbus A330 in Kota Kinabalu, der Hauptstadt des Malaysischen Bundesstaates Sabah, auf. Bei der Gepäckausgabe treffe ich Tim, einen englischen Motorschirmpiloten. Er möchte auch an der Tour teilnehmen. Am Ausgang werden wir von Dixen, einem unserer Begleiter während des Borneoaufenthaltes abgeholt. Große Hitze verbunden mit einer hohen Luftfeuchtigkeit schlagen uns entgegen. Welcome to Malaysia! Dennoch haben wir in wenigen Minuten unser Gepäck und die Motorschirmausrüstungen auf dem Pick up verstaut. Nach zwei Stunden Fahrt durch die gebirgige Dschungelwelt Borneos erreichen wir Ranau, wo wir Colonel Basir Rahman treffen, unseren Guide für die nächsten knapp drei Wochen. Im Verlauf der Tour erfahre ich, dass sich Basir kurz nach seiner Pensionierung vom Militär vor fünf Jahren, mit dem Motorschirmvirus infiziert hat, obwohl er bereits begeisterter Fallschirmspringer und PPL-Pilot ist. Seit dieser Zeit treibt er das Motorschirm fliegen in Malaysia voran.
An den ersten beiden Tagen unseres Aufenthaltes vereitelt kräftiger Wind (ausklingender Nordost-Monsun) und leichter Regen die ersten Flüge. Wir nutzen die Zeit für ein Bad in den nahegelegenen Hot Springs (heiße Quellen), einem Bad im Kipuurgit Wasserfall und einem Canopy Walk, bei dem wir mittels Hängebrücken durch die Wipfel uralter Dschungelbäume spazieren. Einen Abstecher zum Kinabalu Nationalpark führen wir ebenfalls durch. Der Park ist für viele Bergsteiger die Ausgangsstation zur Besteigung des 4101 m hohen Mount Kinabalu. Alljährlich trifft man sich im Oktober zum sogenannten "Kinabalu International Climabthon", einem Wettkampf, bei dem es gilt den Gipfel in möglichst kurzer Zeit zu erklimmen. Der 21 km lange Auf- und Abstieg wurde im vergangenen Jahr von einem Mexikaner in 2 Std. und 42 Minuten gewonnen. Wir sehen von einer Besteigung ab, denn wir beabsichtigen den Berg in den nächsten Tagen fliegerisch näher zu kommen. Im Nationalpark gedeihen viele seltene Pflanzen. Eine dieser Pflanzen ist die "Rafflesia tuanmudae“, deren Blüten einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichen können.
Am Abend werde ich zu einem Badminton Match eingeladen. Bei den hohen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit eine recht schweißtreibende Angelegenheit. Wie ich später erfahre, spielte ich gegen die Nr. 1 des Vereins. Da ich in zwei Sätzen glatt gewonnen habe, ist mir die Sache doch ein wenig peinlich. Schließlich ist Badminton in Malaysia Nationalsport. Auf der anderen Seite haben sich mein relativ intensives Training und die Punktspiele der letzten Wochen in heimischen Gefilden ausgezahlt.
Über den Reisfeldern von Ranau
Mittlerweile sind auch Jean-Yves und Vladimir aus Frankreich bzw. Rußland eingetroffen. Im Gegensatz zum vergangenem Jahr, als 35 Piloten an der Tour teilnahmen, sind wir in diesem Jahr nur zu fünft. Am dritten Tag steigt der Luftdruck und mit ihm nimmt auch der Wind ab. Früh am Morgen starten wir vom Jalan Airport, zu einem ersten Erkundungsflug über die Reisfelder von Ranau. Airport ist in diesem Zusammenhang natürlich völlig überzogen. Es handelt sich lediglich um einen etwa 1000 Meter langen Schotterweg mitten in den Reisfeldern. Während des Kampfes gegen die Anhänger des Kommunismus diente die Fläche als Dschungelflugplatz. Unmittelbar nach dem Start eröffnet sich mir ein ungewöhnlicher Anblick. Die leicht stufenförmig angelegten Felder, weisen unterschiedliche Farbtöne auf. Die Palette reicht von hellem gelb bis dunklem grün. Aus den umliegenden Wäldern steigt Nebel empor. Nach weinigen Minuten überfliege ich die Basis. Für einen kurzen Augenblick wird der Blick auf den Mount Kinabalu frei, bevor Wolken den Blick wieder versperren. Bei der Landung erfahre ich, dass Basir, Vladimir und Jean-Yves außengelandet sind. Lediglich Basir hatte jedoch Probleme mit seinem Adventure Motor. Auf einem kleinen Hügel ist er kurz vor einem Abhang zum Stehen gekommen. Die beiden Anderen landeten unmittelbar neben der weit und breit einzigen Asphaltierten Straße nach Sandakan, um nach dem Rechten zu sehen. Allerdings hat sich Jean-Yves bei der Landung seinen Propellerkäfig beschädigt. In Ranau finden wir nach kurzem suchen eine kleine Werkstatt, in der wir gemeinsam mit den Handwerkern den Propellerkäfig wieder einigermaßen reparieren können. Und das Ganze zum stolzen Preis von umgerechnet ca. 5 Euro. Inklusive Trinkgeld versteht sich. Und weil der Flug am Morgen so schön war, wiederholen wir das Ganze am Abend erneut. Nach dem herrlichen Abendflug werden wir umringt von Kindern und Erwachsenen, die von unseren Flügen scheinbar sehr beeindruckt sind.
Für den nächsten Morgen steht ein Flug auf einen ca. 1000 m höher gelegenen Kinabalu Golfplatz an. Der Platz wurde unmittelbar am Fuß des Mount Kinabalu errichtet. Von dort steigen Felswände fast 2000 m fast senkrecht empor. Sollte der Platz im Nebel liegen, wollen wir den etwa 10 km entfernten Sportplatz in Kundasang anfliegen. Nach dem Start steige ich mit dosierter Drehzahl langsam höher. In der Höhenlage von rund 1000 m über N.N., der hohen Luftfeuchtigkeit und den bereits am frühen Morgen sehr hohen Temperatur von über 30°C , möchte ich den Motor nicht überfordern. Hinzu kommt, dass ich insbesondere im Hinblick auf noch bevorstehenden Küstenflüge, wieder den kleinen Silex S (ausgelegt 24,5 qm) nutze. Etwa 500 m über dem Startplatz überfliege ich die Wolkenbasis. Für kurze Zeit wird wieder der Blick auf die markante Granitlandschaft des Gipfelbereiches frei. Gemeinsam mit Tim fliege ich über die dichten Wälder und Schluchten Richtung Kundasang. Basir und Vladimir sind auf einmal im Nebel verschwunden. Von Jean-Yves ist keine Spur zu sehen. Hat er Startprobleme? Es bildet sich eine zweite Wolkenschicht. Nach wenigen Minuten ist der Monut Kinabalu wieder völlig in Wolken gehüllt. Um Kundasang erreichen zu können baue ich Höhe ab und unterfliege die obere Wolkenbasis. Die unterste Wolkenschicht liegt mittlerweile fast auf den umliegenden Bergen des Talverlaufes auf, der uns nach Kundasang führen soll. Um das Ziel erreichen zu können, müßte dem Straßenverlauf in sehr geringer Höhe flogen. Doch bei dem regen Verkehr auf der weit und breit einzigen Verkehrsader sowie den vielen Stromleitungen entlang der Straße entschließe ich mich aus Sicherheitsgründen zum Rückflug nach Ranau. Mit geringer Drehzahl genieße ich den Flug in den warmen Luftmassen. Kurz nach der Landung erfahre ich, dass Basir und Vladimir trotz aller Umstände auf dem Sportplatz gelandet sind. Mut oder Übermut, frage ich mich.
Gegen Abend fahren wir zum Kinabalu Golf Club, unserem eigentlichen Flugziel vom Vormittag. Schnell hat Basir die Erlaubnis zum Start eingeholt. Falls möglich, wollen wir unseren Flug in der Nähe unserer Unterkünfte beenden. Doch aufsteigender Nebel verhindert unser Vorhaben. So vergnügen wir uns fliegerisch über dem Golfgelände und den umliegenden Plantagen. Um Höhe zu gewinnen, benötige ich fast die maximale Drehzahl meines Solo Motors. Denn schließlich fliegen wir in einer Höhe von 2000 bis 2500 m über Meeresniveau. Von thermischen Aufwinden keine Spur. Bekleidet bin ich lediglich mit einer Jogginghose und einem Sweat-Shirt. Völlig ausreichend in der warmen Luft Borneos. Immer wieder verschwindet einer von uns kurzzeitig in den aufsteigenden Nebelmassen. Die 2000 hohen Felswände bieten einen imposanten Anblick. Gerne würde ich noch weiter emporsteigen. Doch mehr und mehr schließt sich die Wolkendecke über uns. Aus dem Tal strömen weitere Wolken empor und zwingen uns nach etwa einer Stunde zur Landung auf dem Golfgelände. Was für ein verrückter Flug!
Dichter Nebel am Mount Kinabalu
Als Ausgangspunkt für einen Streckenflug nach Kota Belud wählen wir am nächsten Tag erneut den Golfplatz. Von hier aus wollen wir zunächst das Gebirgsmassiv des Mount Kinabalu umrunden, um anschließend über dichten Wäldern Richtung Kota Belud zu fliegen. Eine rund 90 km lange beeindruckende Flugstrecke, mit allerdings wenigen Außenlandeplatzen. Aber es kommt ganz anders. Am Golfplatz herrscht dichter Nebel. Für etwa 2 Stunden harren wir am Golfplatz aus. Trotz des dichten Nebels möchte Basir dem anwesenden Touristikmanager der Gegend einen Flug vorführen. Trotz unserer großen Bedenken läßt er sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Kaum ist er abgehoben, können wir ihn im dichten Nebel nicht mehr wahrnehmen. Lediglich das Motorengeräusch läßt erahnen, wo er sich gerade aufhält. Für einen kurzen Augenblick erkenne ich seine Silhouette, als er über uns kreist. Nach knapp 10 Minuten setzt er zur Landung an, die wir allerdings nicht komplett verfolgen können, da er unversehens wieder in das Grau des Nebels eintaucht. Ein „verrückter“ Kerl!
Auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse beschließen wir von einem etwas tiefer gelegenen Punkt zu starten. Mit den Geländewagen machen wir uns auf den Weg Richtung Kota Belud. Nach einiger Zeit biegen wir in eine abgesperrte, nicht asphaltierte Dschungelstraße ein. In den Fahrzeugen werden wir ordentlich durchgeschüttelt. Endlich lichtet sich der Nebel. Mitten in Borneos Bergwelt finden wir auf einem in Arbeit befindlichem Teilstück der Straße eine ausgezeichnete Startgelegenheit. Schnell sind unsere Rucksackantriebe zusammen gebaut und die Schirme ausgelegt. Straßenarbeiter versammeln sich, um das Schauspiel verfolgen zu können. In wenigen Minuten sind wir alle airborne. Wir folgen zunächst der Dschungelstraße, die sind deutlich vom Grün des Urwaldes abhebt. Anschließend fliegen wir entlang eines Flußlaufes. Leichter Ostwind bremst unseren Flug. Nach etwa 45 Minuten erkennen wir im Dschungel die ersten Siedlungen. Die Berge werden zunehmend niedriger. Wir befinden uns jetzt nur noch wenige hundert Meter über dem Meeresspiegel. Plötzlich nimmt der Wind stark zu. Basir entscheidet sich mit seinem relativ langsamen Ellé Plus auf einem Sportplatz zu landen. Und das mitten in einem kräftigen Lee. Na gut, wenn er das braucht, denke ich mir. Wir folgen dem Flußverlauf. Plötzlich setzt auch Jean-Yves zur Landung an. Ein Weiterflug mit meinem schnellen Silex wäre noch möglich. Doch auch ich lande gemeinschaftlich mit Tim und Vladimir direkt neben Jean-Yves im Reisfeld. Der Kolben seines Solo-Motors ist blockiert. Hätte er nur nicht den mit voll- und unsynthetischem Öl gemischten Sprit verwendet.
Mit den Fahrzeugen setzen wir unseren Weg in das ca. 10 km entfernte Kota Belud fort. Einen kurzen Zwischenstopp nutzen wir zu einem Bad im seichten Wasser eines Flusses. Am späten Nachmittag erreichen wir Kota Kinabalu. Von hier aus wollen wir mit dem Airliner auf die vom Zoll befreite Insel Langkawi im Norden von West-Malaysia weiterreisen. Unser Hotel liegt direkt an der Strandpromenade. Der auflandige Wind wäre optimal für einen Flug. Ein kurzer Anruf von Basir am nahegelegenen Airport genügt und schon haben wir die Genehmigung für die Benutzung des Luftraumes. Allerdings sollen wir nicht höher als 50 Meter fliegen. Unglaublich, scheinbar hat Basir überall seine Connection! Kaum sind wir in der Luft, finden sich auch schon viele Schaulustige ein. Einfach genial dieser laminare Seewind. Touch and goes, flache Überflüge, alles kein Problem. In etwa 2 bis 3 km Entfernung sehe ich einen Airliner auf der mittlerweile beleuchteten Landebahn einschweben. Ein Motorschirmflug wäre unter diesen Bedingungen in Deutschland einfach undenkbar. Dicht fliege ich noch einmal an den Hotelfenstern vorbei und winke einigen Gästen zu. Die einbrechende Dunkelheit zwingt uns leider zur Landung. Nach einem Bad im Pool und dem anschließenden Abendessen, mache ich mich mit unseren einheimischen Begleitern, auf zu einer Tour durch die City.
Über den weißen Sandstränden von Pulau Langkawi
Die Tage auf Langkawi sind gekennzeichnet durch Flüge an weißen Sandstränden. Wir starten direkt vom Hotelstrand, sobald der Seewind einsetzt. Einfach super dieses relaxte Fliegen am Meer. Gelegentlich ermöglichen uns thermische Aufwinde das motorlose Kurbeln über der Insel. Ab und an fliegen wir sogar gemeinsam mit Seeadlern, den Wahrzeichen der Insel. Für den letzten Tag unseres Inselaufenthaltes haben wir den Überflug zum ca. 35 km entfernten Festland geplant. Doch der relativ starke Ostwind macht uns einen Strich durch die Rechnung. Wir landen in der Nähe der Fähre. Schnell ist unser Equipment verstaut und wir legen Richtung Kuala Perlis ab. Aber wo ist Basir? Versucht er tatsächlich den Überflug? Er müßte doch wissen, dass er mit seinem Schirm bei den ca. 10 bis 15 Knoten Gegenwind keine Chance hat das Festland zu erreichen. Die Fahrt mit der Fähre führt uns vorbei an vielen kleinen unbewohnten Inseln rund um Langkawi. Ab und an erblicken ich einen Affen am Strand. Endlich ist auch Basir in Sicht. Dicht hinter dem Beiboot, das wir für den geplanten Überflug gebucht hatten, fliegt er Richtung Festland. Meinen Berechnungen nach müßte sein Sprit in etwa 1 Std. ausgehen Zum Festland benötigt er aber mindestens die drei- bis vierfache Zeit. Langsam verlieren wir ihn wieder aus den Augen. Nachdem wir uns in Perlis den Bauch zur Abwechslung mal mit Fast Food vollgestopft haben, erfahren wir per Handy, dass Basir beim Versuch auf dem Dach des Bootes zu landen, ins Wasser gestürzt ist. Passiert ist ihm nichts. Lediglich die Ausrüstung ist voller Salzwasser. Einige Stunden der Bastelei werden später notwendig, bis sein Motor wieder einigermaßen funktionsfähig ist.
Mit einem uralten Lastwagen setzen wir unseren Weg Richtung Kangar fort. Wir übernachten in einem nicht gerade unluxeriösem Dschungel Camp. Ein kräftiger Ostwind läßt leider nur in den Abendstunden einen kurzen Rundflug zu. Am nächsten Morgen starten wir in aller Frühe zu einem Flug an die Thailändische Grenze. Die Flugroute führt uns vorbei an einem Stausee, auf dem viele Netze ausgelegt sind. Richtung Padang Besar passieren wir anschließend kegelförmige Hügel. Der Gegenwind wird immer stärker. Tim und Vladimir beschließen zu landen. Wenig später ist auch Jean-Yves verschwunden. Wie ich später erfahre ging sein Sprit aus. Als Einziger lande ich nach knapp zwei Stunden auf dem verabredeten Schulgelände. Den Schülern wird für zwei Stunden der Unterricht erlassen, damit sie sich über das Motorschirm fliegen informieren können. Nachdem sich alle Piloten eingefunden haben, werden wir vom Rektor zum Mittagessen eingeladen. Mal wieder eine nette Geste.
Internationales Motorschirmtreffen in Sangkhla
Am Nachmittag passieren wir mit unseren Fahrzeugen die Grenze nach Süd-Thailand. Wir wollen am internationalen Motorschirmtreffen am Samila Beach von Sangkhla teilnehmen. Für die teilnehmenden Piloten des Motorschirmtreffens werden die Übernachtungen in einem First Class Hotel sowie die Verpflegung für drei Tage durch lokale Sponsoren finanziert. Am Nachmittag nutzen wir die Gelegenheit zu ersten Erkundungsflügen an den endlos erscheinenden Stränden. Gestartet wird auf einer ca. 50 mal 200 m großen Rasenfläche in unmittelbarer Strandnähe. Betonstufen grenzen den Bereich zum Sandstrand ab. Leichter auflandiger Wind ermöglicht uns dennoch ein „kinderleichtes“ Abheben. Meinen ersten Flug beende ich direkt vor unserem Hotel. Einfach cool! Mit dem Motor auf dem Rücken spaziere in die Empfangshalle und bestelle mir das längst fällige Landebier.
Am nächsten Tag wird die Veranstaltung, unter großer Anteilnahme von Medien und der Bevölkerung, durch einen Minister der Provinz offiziell eröffnet. Zunächst steht ein kleines Showfliegen auf dem Programm. Alle Achtung, was die Thais so drauf haben Ich erfahre, dass es in Thailand rund 100 Motorschirmpiloten geben soll. Zum Teil fliegen sie Rucksackmotoren Marke „Eigenkonstruktion“. Doch soll es auch die eine oder andere Motorradwerkstatt geben, die Motorgleitschirmantriebe produziert. Rettungsgeräte scheinen den Thais genauso fremd wie neue Gleitsegel. Man fliegt, was man in die Hände bekommt. Am Sonntag wird ein Präzisionswettbewerb direkt am Strand ausgetragen. Mit den meisten Punkten und der schnellsten Zeit kann ich den Wettbewerb für mich entscheiden. Weitere Flüge an den endlos wirkenden Stränden, runden unseren Abstecher nach Thailand ab. Selbstverständlich steht auch der Besuch eines nächtlichen Marktes auf dem Programm. Bei schweißtreibenden Temperaturen wird in Hat Yai City gehandelt was das Zeug hält.
Zurück nach West-Malaysia
Unser nächstes Ziel ist Pulau Penang (Insel des Bettelnussbaums), ein traditionsreiches Handelszentrum, an der Westküste von Ost-Malaysia. Pulsierendes Herz der Insel ist die Hauptstadt Georgetown, in deren engen Gassen Kolonialbauten neben prächtigen Tempeln stehen. Die Insel ist entweder über die 7 km lange Penang-Brücke, dem Flugzeug oder einer der zahlreichen Fähren zu erreichen. An den herrlichen, aber im Gegensatz zu Süd-Thailand recht kleinen und belebten Sandstränden, vergnügen wir uns an den nächsten zwei Tagen mit unseren Motorschirmen im laminaren Wind. Unter uns ziehen Parasailer und Jet-Skifahrer ihre Runden. Weder Parasailer, Strandbesucher noch Reiter fühlen sich durch uns gestört. Ich versuche mir diese Situation in Deutschland vorzustellen. Es wird wohl auf lange Sicht ein unerfüllter Traum bleiben. Am letzten Vormittag umfliegen wir die Nordküste Richtung Georgetown. Die Sichten sind ausgezeichnet. Deutlich ist das Festland im Osten zu erkennen. Unser Flug führt uns vorbei an felsige Vorgebirge, die zum Teil weit ins Meer hinausragen sowie kleine und größerer Buchten, die zum Teil von Hochhäusern umzingelt sind. Nach etwa einer Stunde erreichen wir unser Ziel. Basir und Vladimir nutzen die Gelegenheit zu einer Landung mitten in der Stadt. Ich bevorzuge jedoch den luftigen Ausblick. Im Südosten kann ich die Penang-Brücke gut erkennen. Ein gigantisches Bauwerk. Im Hinblick auf meinen Spritvorrat beschließe ich den Rückflug. Vor der Landung am Hotelstrand steige ich mit erhöhter Drehzahl noch einmal kräftig auf. Mit abgestelltem Motor genieße ich den Blick auf das gebirgige Inselinnere und den anschließenden Gleitflug.
Landung auf historischem Boden
Die letzte Station unserer Reise führt uns nach Kuala Lumpur, der Bundeshauptstadt Malaysias. Wie keine andere Stadt des Landes repräsentiert diese Stadt die Vision 2020, einer Publikation über die wirtschaftlichen Ziele des Vielvölkerstaates. Neben modernen Wolkenkratzern prägen koloniale Prachtbauten und das Treiben in der Chinatown das facettenreiche Stadtbild.
In der Metropole wartet ein besonderes Highlight auf uns. Im Hinblick auf den 11. September 2001 haben wir es kaum für möglich gehalten. Doch für je zwei Stunden am Morgen und Abend erhalten wir die Genehmigung, mit unseren Motorschirmen Kuala Lumpur zu überfliegen und mitten in der Stadt zu landen. Der Flugverkehr zum Airport wird in dieser Zeit eigens für uns umgeleitet. Einfach Wahnsinn! Eine Stunde vor Sonnenaufgang treffen wir auf einem Gelände in der Nähe des Nationalstadions, welches sich am Stadtrand befindet. Schnell sind unsere Ausrüstungen hergerichtet. Einer nach dem anderen starten wir kurz vor dem Sonnenaufgang. Es ist noch relativ diesig. Über den Bergen nördlich der Stadt quellen die Wolken föhnartig über die Berge. Langsam nähern wir uns der Stadtmitte. Die Außenlandeflächen beschränken sich nunmehr auf einzelne Sportplätze und dem Zentralfriedhof. Zunächst umrunden wir den 421 m hohen Fernsehturm, der 1996 erbaut wurde. Ein gigantisches Gefühl. Als nächstes nähern wir uns den höchsten Gebäuden der Welt, den Petronas Twin Towers. Im Inneren entsprechen sie einem Hochsicherheitstrakt. Bereits vor deren offiziellen Eröffnung im August 1999 wurden die Bauwerke in dem Film „Verlockende Falle“ (mit Sean Connery und Catherine Zeta-Jones) wirkungsvoll in Szene gesetzt. Es wird zunehmend unruhiger. Ich werde mittlerweile ordentlich durchgeschüttelt. Vermutlich liegt es an der aufsteigenden Wärme der Stadt sowie den Lee-Effekte der nahegelegenen Berge. Für Spezialaufnahmen habe ich ein Stativ und eine zweite, kleine Autofokuskamera mitgenommen. Doch dieses verweigert ausgerechnet heute ihren Dienst. Zum Glück bleibt mir für einige Aufnahmen noch meine Hauptkamera. Es ist beeindruckend um diese 452 m hohen Kolosse herumzufliegen. Mit leicht erhöhter Drehzahl überfliege ich die Spitzen der im Licht glitzernden grauen Riesen. Mein Motor schnurrt unbeeindruckt vor sich hin. Zum Glück! Eine Außenlandung könnte ich jetzt nicht gebrauchen. Langsam wird es aber Zeit an die Landung zu denken. Ich halte Ausschau nach dem wohl höchsten Fahnenmasten der Welt, an dem eine riesige Nationalflagge von Malaysia angebracht ist. Im Leerlauf baue ich Höhe ab. Die Hochhäuser kommen immer näher. Turbulenzen, erzeugt von den Gebäuden, machen sich bemerkbar. Doch mein Silex liegt wie gewohnt stabil in der Luft. Um optimal landen zu können, umrunde ich den 100 m hohen Fahnenmasten. Kurz danach setze ich auf dem historischen Rasen des Merdeka Square auf. Auf diesem Gelände hat Malaysia am 30. August 1957 seine Unabhängigkeit erklärt. Umgeben ist der Platz von historischen Gebäuden. Im Norden die neugotische Kirche "St. Mary´s Cathedrale", die 1894 erbaut wurde. Zu meiner Linken der "Royal Selangar Club" und zu meiner Rechten das Suldan-Abdul-Samad-Gebäude. Schnell finden sich einige japanische Touristen ein, die sich für unser Treiben interessieren und um ein Foto bitten.
Abends treffen wir uns erneut zu einem Flug am Stadtrand. Auf dem Flug Richtung City nimmt der Wind aber immer mehr zu. Nach einer halben Stunde entscheiden wir uns zum Rückflug, zumal eine Landung bei diesen Bedingungen zwischen den Hochhäusern zu gefährlich erscheint. Der Abend gehört dann dem Nachtleben der Innenstadt. Im Hard Rock Cafe oder den Diskotheken zeigen sich insbesondere die Frauen wesentlich freizügiger, als auf offener Straße. Die Kopftücher sind hier zum Glück passé. Um meinen Lieben daheim etwas nettes einzukaufen, nutze ich den letzten Tag des Aufenthaltes zu einigen Einkäufen in der Chinatown,.
Ein anstrengender, aber zugleich auch sehr interessanter Trip in eine recht unterschiedliche Kultur und Landschaft geht dem Ende zu. Wo immer wir mit unseren Motorschirmen auftauchten, erwartete uns eine neugierige, aufgeschlossene und gastfreundschaftliche Bevölkerung. Aus meiner Sicht bleibt zu hoffen, dass der fliegerischen Freiheit mit dem Motorschirm in Malaysia und Thailand nicht allzu schnell ähnliche Restriktionen auferlegt werden, wie in Deutschland.
Informationen über Malaysia und Thailand:
Malaysia besteht aus zwei Teilen etwa gleicher Größe. Der Malaysischen Halbinsel zwischen Thailand und Singapur (West-Malaysia) und dem nordwestlichen Teil der Insel Borneo (Ost-Malaysia). Malaysia ist seit der Unabhängigkeit 1957 eine konstitionelle Wahlmonarchie. Der jetzige Premierminister Datuk Seri Dr. Mahathir Mohamad ist seit 1981 an der Regierungsmacht.
Wegen der Nähe zum Äquator ist Malaysia das ganze Jahr hindurch relativ gleichmäßig feuchtwarm. Die Temperaturen bewegen sich um die 33°C. Von einer Reise an die Ostküste ist in der Zeit von November bis Anfang Februar allerdings abzuraten. Aufgrund des in dieser Zeit übermäßigen Regens und starker Ostwinde sind viele Ressorts geschlossen.
Staatsreligion ist der Islam. Er verbietet den Muslimen u.a. den Alkoholkonsum. Dennoch wird die muslimische Sittenstränge keineswegs übertrieben, sondern moderat ausgelegt. Zu den größten Bevölkerungsgruppen des Landes zählen Malaien, Chinesen und Inder. Zahlreiche ethnische Gruppen Ost- und West-Malaysias ergänzen die Vielfalt der kulturellen Merkmale und Traditionen.
Thailand weist ebenfalls ein feuchtes, tropisches Klima auf, das im Norden des Landes etwas gemäßigter ist. Das Klima wird wie in weiten Teilen Malaysias auch durch den Monsun bestimmt. Das Windsystem ändert seine Richtung im Wesentlichen durch die Jahreszeiten. Feuchte Luftmassen kommen vor allem in der Zeit von April bis Oktober aus dem Südwesten vom Indischen Ozean. Während der übrigen Zeit herrschen nordöstliche Winde vor. Die heiße Jahreszeit (durchschnittlich 35°C) von Februar bis Mitte Mai ist sehr gut zum Motorschirm fliegen geeignet, da in dieser zeit kaum Niederschlag fällt und die Winde nicht zu stark sind. Aber auch in der kühleren Zeit (ca. 25°C bis 30°C ) von November bis Februar sind die Niederschläge nicht übermäßig. Die Monsunzeit von Ende Mai bis Oktober hingegen ist für das Motorschirm fliegen am ungeeignetsten. Die Thais sind lebensfreudige Menschen und bekannt für ihre natürliche Anmut und Schönheit. Rund 95 Prozent der Bevölkerung sind Buddhisten.
Tipps für die Einreise:
Für einen Besuch in Thailand (bis zu 14 Tagen) benötigen Deutsche, Österreicher und Schweizer für die Einreise lediglich einen Reisepaß und ein Rückflugticket. Singapore Airlines, Lufthansa, Swissair und Laudaair fliegen Bangkok regelmäßig von Frankfurt, Wien und Zürich an. Für die Einreise nach Malaysia (bis zu 3 Monaten) wird ebenfalls der Reisepaß benötigt, der ebenso wie für Thailand noch mindestens 6 Monate gültig sein muß. Ich empfehle einen Direktflug mit Malaysia Airlines von Frankfurt , Wien oder Zürich nach Kuala Lumpur. Andere Fluglinien legen i.d.R. Zwischenstopps ein, was mit dem Reisegepäck zu Problemen führen kann. Darüber hinaus unterstützt MAS im Rahmen der Motorschirmtouren die Piloten mit 20 kg zusätzlichem Freigepäck. Für weitere 20 kg werden nur die halben Gebühren erhoben. Diese können aber dennoch recht hoch ausfallen. 15 bis 20 Euro pro kg sind noch möglich. Mit etwas Glück wird aber ein Auge „zugedrückt“. Werden dennoch Gebühren erhoben, empfehle auf jeden Fall beim Einchecken zu handeln. Des Weiteren empfehle ich die Motorschirmausrüstung vor dem Reiseantritt bei der Fluggesellschaft anzumelden. Mein Tip: Die Ausrüstung als Gleitschirmausrüstung inklusive maschineller Teile ohne Betriebsstoffe deklarieren. Eine leichte Transportbox zum Schutz des Motors ist ratsam. Die Adventure Transporttasche von Jean-Yves hat sich bei der Malaysia/Thailand-Tour als nicht besonders sicher erwiesen. Tank, Vergaser und Benzinleitungen sind selbstverständlich komplett zu entleeren. Vollsynthetisches Öl ist in Malaysia nur sehr schwierig zu bekommen. Wer insbesondere bei Abstechern in den Dschungel gesundheitlich auf der sicheren Seite sein möchte, dem wird eine Malaria Prophylaxe empfohlen.