Deutschland Überquerung mit dem Motorschirm - Der Versuch

Deutschland Überquerung mit dem Motorschirm - Der Versuch


Wir, Roland Brenner und ich, Bernd Koop haben am 05.01.02 eine Deutschlandüberquerung
mit dem Motorschirm versucht. Hier unser Bericht
Bericht der Motorschirmpiloten Roland Brenner aus Entraching in Bayern und Bernd Koop aus Berkenthin in Schleswig-Holstein von dem Versuch der Überquerung Deutschland´s:
Motto : In der Luft trifft sich Nord und Süd – oder von den Alpen bis zur Ostsee
Durch das „Verbindungskabel„ Knut Jäger (Harzer GSS) wurden die Adressen Anfang Dezember 2001 ausgetauscht. Nach 3 Telefonaten war alles klar, es sollte so bald wie möglich los gehen. Jeder für sich hatte bereits etliche „Klamottentest`s„ durchgeführt um bestmöglich vorbereitet zu sein.
Dann plötzlich die Hoch-Wetter-Lage im Januar 2002. Noch ein paar Telefonate und die Richtung war klar – von Süd nach Nord – Südwind war angesagt.
Das erste Interview hat Roland bereits Radio Kempten gegeben.
Freitag 04.01.2002:
7.00 Uhr – Bernd macht sich auf den Weg nach Bayern, dabei macht er Zwischenstation in
Hannover, bei Fresh Breeze und in Bad Harzburg, bei Knut Jäger (Ersatzmotor, Ersatzteile,
ICAO-Karten, zusätzliches Funkgerät und GPS wurden zur Verfügung gestellt).
16.30 Uhr – In Entraching angekommen, war auf anhieb klar „das passt„.
Samstag 05.01.2002:
9.00 Uhr – Flugplatz Füssen – Abflug mit Startschwierigkeiten:
Temperatur: Boden-17° / in 1000 m Höhe +2°/ 2000 m Höhe +6°
Wind: SW bei 1000 m Höhe / Boden = 0
Flughöhe: 1500 – 2000 m
Flug-Geschwindigkeit: V 35 – 55 Kmh
Die Startschwierigkeiten ergaben sich durch zuviel aufgeklebte Werbung (1500 gr.)
auf Bernd´s Silex-Schirm. Bei Null-Wind ist dieser dadurch einfach zu schwer. Nach 2 Startabbrüchen (jeweils ca. 80 m gelaufen) nahm Bernd den Arcus M , den neuen Motorschirm von SWING. Dieser Start klappte auch bei Null-Wind problemlos.
Roland legte einen absoluten Schulstart hin – gelernt ist gelernt.
-2-


Bei Kaiserwetter ging die große Reise los. Ein super Panoramablick auf die sonnenbestrahlten
und schneebedeckten Alpen ließ jedes Fliegerherz höher schlagen. Das war nicht nur was für Flieger, es erschien ein großer Bericht in der Allgäuer Zeitung über unser Vorhaben.
Leider musste aus Zeitmangel der vorgesehene Rundflug um das Schloß Neuschwanstein ausfallen, es war jetzt schon 10.45 Uhr.
11.55 Uhr - Kaufbeuren – Landung Nähe stillgelegtem Militärflugplatz
Temperatur: Boden -8° /
Wind: SW am Boden 0 km/h
Fluggeschwindigkeit: 40 – 50 km/h
Diese kurze Strecke wurde gewählt, um zu testen, wie die Instrumente auf die extreme
Kälte reagieren bzw. unsere Hände aushalten.
GPS, Hände, Vario und Funk überstanden den Test sehr gut, wobei der Batterieverbrauch doppelt so hoch wie im Sommer ist. Die Lichtmaschine an Bernd`s Fresh Breeze sparte für das angeschlossene Funkgerät die Batteriekosten.
Wir landeten auf einem Rodelberg neben dem Flugplatz. Trotz regem Flugverkehrs auf
auf dem Flugplatz, war keine Funkverbindung mit dem Flugplatz herzustellen.
13.00 Uhr – Abflug in Kaufbeuren
Nach einer Kaffeepause ging es weiter nach Thannhausen.
Bei strahlendem Sonnenschein und vor den Augen vieler begeisteter und interessierter
Zuschauer, starteten wir.
15.20 Uhr – Thannhausen – Landung Nähe Flugplatz
Freundlicher Empfang des Luftsportvereins Krumbach in Thannhausen. Hier wurden wir
zum aufwärmen und klönen bzw. schwätzen ins Fliegerheim eingeladen. Wieder reges Interesse an uns „Exoten„.
Sonntag 06.01.2002:
9.30 Uhr – Flugplatz Thannhausen – Abflug nach Dinkelsbühl
Temperatur: Boden -17° /
Wind: SO 13 Km/h
Blauer Himmel und wieder Fernsicht bis zu den Alpen.
Bernd startet mit linkem Einklapper (ca. 1,50m) . Durch leichtes Gegensteuern blieb der Schirm auf Kurs und Bernd hob trotz Einklapper problemlos ab. Durch extremes pumpen ging der Schirm nach ca. 2 Min. vollständig auf. In einer Reisehöhe von 800 bis 1400 m ging es mit einer rasanten Fahrt Richtung Dinkelsbühl. Dabei ließen wir es uns nicht nehmen, bei Grundremmingen über den dampfenden riesigen Kühlturm zu fliegen. Von oben ist so ein dampfender Kühlturm schon beeindruckendend. Die Reisegeschwindigkeit betrug bei dieser Etappe bis zu 60 km/h, wobei der Rückenwind uns behilflich war. Die Strecke schafften wir in ca. 2 Std.
12.50 Uhr – Flugplatz Dinkelsbühl – Landung
Bemerken möchten wir, daß bei Schneelage die Flugplätze sehr schwer auszumachen sind.
Wir haben z.B. Thannhausen und Dinkelsbühl in 200 m Höhe überflogen und zunächst nicht
Erkannt. Ohne unser Bodenteam (Adolf, Kete und Reli) hätten wir hier nicht landen können.
-3-
14.30 Uhr – Flugplatz Dinkelsbühl – Abflug nach Ippesheim
Dieses Mal ein Traumstart von Bernd bei Null-Wind. Danach wollte Roland starten.
Beim Aufziehen drehte der plötzlich auftretende Wind den Schirm. Beim korrigieren des Schirmes rutschte Roland auf einer Eisfläche aus und stürzte seitlich in den aufgeschobenen
Schnee, der zu Eis gefroren war. Dabei brachen die Propellerspitzen ab, und aus dem 122er Prop wurde ein 80er.
Bernd kreiste währenddessen wie ein „Albatross„ in der Luft. Nach Auswechslung des Prop. startete auch Roland zur letzten Etappe dieses Tages.
15.55 Uhr – Flugplatz Ippesheim – Landung in der Nähe.
Durch die Bewölkung (Uhr 15.45)war es schon sehr dunkel. Es blieb keine Zeit mehr den Flugplatz zu suchen, eine Aussenlandung wurde notwendig. Die Koordinaten v. UL-Platz haben wir aus der ICAO-Karte gemessen, wie sich herausstellte etwas zu ungenau. Am nächsten Morgen stellten wir fest, dass wir den Flugplatz um 2,5 Km verfehlt hatten.
Montag 07.01.2002:
9.00 Uhr – Flugplatz Ippesheim – Warten bei starkem Nebel
Temperatur: -3°, Wind: 0
Warten – nicht´s geht – abgecheckt, ob Flugplätze in Bad Neustadt oder Schweinfurt angeflogen werden können. Wetterabfragen gestartet. Planungen gemacht. Gewartet.
Um ca. 15.00 Uhr verließen wir enttäuscht den Flugplatz.
In Gollhofen bezogen wir unser Quartier für die Nacht um am nächsten Morgen es erneut zu versuchen.
Dienstag, 08.01.2002
8.00 Uhr – Flugplatz Ippesheim –Wieder Warten
Der Nebel lichtet sich. Am Grund ca. 2-3 km Sicht.
Wir wollten versuchen, den Nebel zu durchbrechen, und oberhalb der Inversionsschicht zu fliegen. Nach ca. 150 Höhenmetern verschwindet der Grund, kein Haus, kein Baum keine Straße mehr zu sehen. Nichts wie weg hier, Gas raus und runter.
Nach einer kurzen Aufwärmpause und unseres Wissens mehr Sicht, erneuter Start in Richtung Schweinfurt. Höhe aufbauen bis unter die Nebelgrenze und los.
Bei Null Wind ca.40 – 45 Km/h über Grund. Doch nach ca. 20 km müssen wir wegen immer stärkeren Nebel vor einem Waldgebiet landen.
Danach fuhren wir mit unserem Bodenpersonal zum Zielflughafen Schweinfurt Süd.
Mittwoch. 09.01.2002
7.00 Uhr – Frühstück in Schweinfurt
Während des Frühstücks meldete sich telefonisch der Radiosender Bayern 3 um sich über unser Vorhaben zu erkundigen.
Schon kurz nach 8.00 Uhr wurde Roland´s Telefoninterview gesendet.
8.00 Uhr –Flugplatz Schweinfurt Süd
Nach unserer Ankunft baten wir den Flugleiter Herrmann Seewaldt um eine Starterlaubnis. Kurz darauf meldete sich der Radiosender Bayern 1, um sich über unser Projekt zu informieren.
Die Wetterlage immer noch sehr unsicher. Wir entschlossen uns zu einer kurzen Platzrunde. Während der Startvorbereitung erschien der Reporter von Bayern 1, dem Bernd ausführlich über unsere Tour und die Motorschirmfliegerei Auskunft gab.
-4-
Hermann (72 Jahre), selbst Segelflieger und der Reporter waren hellauf begeistert. Wenn Hermann 10 Jahre jünger wäre, würde er diese Flugart selbst ausprobieren wollen.
Um ca. 12.00 Uhr riefen wir bei MET an, man gab uns leider eine für uns nicht erfreuliche Auskunft.
Der Nebel erlaubte nur eine Bodensicht von ca. 70 m und eine Fernsicht von ca. 800m.
Die weiteren Wetteraussichten waren bis über das Wochenende hinaus nicht für Sichtflüge geeignet. Wir entschlossen uns daher schweren Herzens, diese Tour abzubrechen.
Ohne die Unterstützung unserer Frauen die das Bodenteam bildeten, Fresh Breeze aus Hanover, die uns ausreichend Ersatzteile zur Verfügung stellten, Knut Jäger von der Harzer Gleitschirmschule, der uns mit Logistik und Technik aushalf und nicht zuletzt die Firma Swing, die uns die neuen Arcus M- Schirme zur Verfügung stellten, wäre dieses Vorhaben nicht durchführbar gewesen.
Aufgrund unserer gemachten Erfahrungen ist es für Streckenflüge dieser Art, vorteilhaft, wenn die Piloten den gleichen Schirm fliegen, um eine gleiche Reisegeschwindigkeit zu erreichen.
Die Motoren von Fresh Breeze , 2 AL 122 , stellten sich als sehr zuverlässig und ausdauernd heraus. Selbst bei starken Temperaturunterschieden von -17° am Boden und 6 ° in 2000m Höhe ergaben sich keine Probleme.Trotz dieser Niederlage lassen wir uns nicht entmutigen. Bei der nächsten sich einstellenden Hochdrucklage werden wir erneut die Deutschlandüberquerung mit unseren Motorschirmen versuchen.